Der Bau des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr markierte eine Zeitenwende für die kleine Oberpfälzer Stadt. Die Anfänge der bis heute aktiven Institution reichen zurück bis ins Königreich Bayern Anfang des 20. Jahrhunderts. Im Zuge der Erweiterung des Grafenwöhrer Museums um eine Militärabteilung im Jahr 1990, erforschte Dr. Gerhard Müller intensiv die Anfänge des militärischen Betriebs.
Nach Aufstellung eines III. königlich bayerischen Armeekorps in Nürnberg im Jahr 1900 suchte man einen Landstrich, der für Schieß- und Manöverübungen geeignet war. Nach mehrfachem Hin und Her fiel 1904 die Entscheidung des bayerischen Verteidigungsministeriums für den Standort Grafenwöhr und Prinzregent Luitpold erteilte 1906 die Genehmigung zum Landerwerb und zur Errichtung des nach Lechfeld und Hammelburg dritten Truppenübungsplatzes in Bayern. 1907 erfolgte vom bayerischen Kriegsministerium der Auftrag an Architekt Jürgen Sievers, einem Holsteiner, der in Nürnberg arbeitete, zum Bau des Lagers, also der Kaserne und des Schießplatzes. Sievers wählte als Stilrichtung das fränkische Fachwerk, das bis heute kennzeichnend für die Kaserne ist.
Als Erstes wurden Vorarbeiten wie z.B. Entwässerung, Straßenverlegungen und Geländerodungen durchgeführt. Um den Holzmarkt nicht zu überschwemmen, wurde bereits 1906 ein Fünf-Jahres-Abholzungsplan für die Forstämter Grafenwöhr und Vilseck erstellt, ab Herbst 1908 übernahmen dies zwei Privatunternehmer. Bei den Planungen war zunächst eine Zweiteilung der Kaserne, eine in Grafenwöhr und eine nördlich von Langenbruck im Gespräch. Aus Kostengründen wurde die doppelte Infrastruktur aber zum damaligen Zeitpunkt nicht verwirklicht. Die Wahl fiel schließlich auf Grafenwöhr. Zwar hatte die Stadt die schlechtere Bahnanbindung weit vor den Toren der Stadt, das Gelände aber war für die Kaserne ebener, es gab vorzügliches Trinkwasser, das Bauland war günstiger und es gab genügend Platz für Erweiterungen. Das Südlager, bzw. die Rose Barracks, wie sie heute heißen, wurde erst zu Wehrmachtszeiten gebaut.
Ab 1.1.1908 wurde der gesamte Übungsplatz für die private Jagd gesperrt. Schon 1907 hatte man mit dem Bau der Umgehungsstraße nach Amberg über Tanzfleck begonnen. Schließlich starteten die ersten Bauarbeiten am Standort Grafenwöhr. Der endgültige Platz für die Kaserne und die Gebäude wurden bestimmt, die Lagerbauten, die Munitionsanstalt, die Stalllager, das Wegenetz innerhalb der Kaserne und des Übungsplatzes gebaut. Weitere Bauprojekte waren die Trinkwasserversorgung, die Kanalisation, die Kläranlage, die Beleuchtung, und der Eisenbahnanschluss Auch die militärischen Anlagen für den Schießbetrieb, der Geländebau, die Schießbahnen, Fernsprech- und Beobachtungseinrichtungen sowie Scheibenzugwerke wurden in Angriff genommen.
Der ganze Truppenübungsplatz umfasste 91 km², 117 ha davon waren für die Kaserne reserviert. Man plante genügend Unterbringungsraum für die Infanterie, die Feldartillerie und die Kavallerie ein. Außerdem dazugehörige Verwaltungs- und Aufbewahrungsräume. Die Kaserne wurde auf 4.800 Mann und 1.200 Pferde ausgelegt. Als Fertigstellungstermin der Baustelle wurde der 1. August 1910 vereinbart. Das Wegenetz wurde systematisch mit drei parallel zueinander laufenden Straßen in Ost-West-Richtung angelegt. Eine Hauptachse in Nord-Südrichtung durchschnitt die Parallelstraßen, so dass einzelne Quartiere für Offiziers- und Mannschaftslager entstanden. Wichtigere Straßen wurden sogar mit Gehwegen, Reitwegen und Alleen in einer Breite von 15,5, m angelegt, untergeordnete nur mit Fahrbahnen und Gehsteigen.
Der Platz wurde unter modernsten Standards gebaut, so dass alle Gebäude fließend Wasser und Stromanschluss hatten. Für den entsprechenden Wasserdruck im Leitungssystem sollte der Wasserturm sorgen, der 1911 fertig gestellt wurde. Aus zwei Bohrlöchern wurde das Wasser in die zwei Reservoirs im oberen Teil des Turms gepumpt. Weiterhin gab es überall elektrische Beleuchtung. Der Bahnanschluss an die Linie Pressath – Kirchenthumbach wurde 1909 vollzogen. Gleichzeitig wurde für den Materialtransport auf dem Übungsgelände eine Feldbahn von Grafenwöhr bis Langenbruck gebaut.
Wer die Bauarbeiten durchführte und wie das Bauprojekt fertiggestellt wurde, zeigt der zweite Teil des G`schichterls.