Neben Franzosen und Russen kamen auch Belgier, Rumänen und britische Gefangene nach Grafenwöhr. Ein Bericht eines australischen Soldaten, der für die Briten kämpfte zeichnet das Lagerleben der Häftlinge aus der Sicht eines Betroffenen nach. Corporal Patrick James Durham vom 10. Bataillon der Australischen Kaiserlichen Streitkräfte kam ab September 1916 verletzt von der Westfront nach Grafenwöhr ins Lazarett und erlebte die strengeren Maßnahmen ab 1917 mit:
12. September
In Grafenwöhr […] kamen wir […] in eine Baracke, die zu einem Lazarett umgebaut war. Wir sind die ersten britischen Truppen die hierher kommen und es gab große Schwierigkeiten sich verständlich zu machen. Wir liegen in kleinen Stuben mit 11 Betten pro Raum. Wir dürfen eine Karte pro Woche schreiben und zwei Briefe jeden Monat. […] In den ersten drei Wochen hier wurden wir 5 mal geimpft (gegen Thyphus und Cholera) und einmal (extra) geimpft. Die französischen Gefangenen haben uns sehr gut behandelt, sie gaben uns eine Menge Kekse einmal ein wenig Dosenzeug, zweimal auch etwas Schokolade. […]
30. November
[…] Die Schweizer Kommission kam am 30. Oktober zwecks Austausch von invaliden Gefangenen. […] Ich war noch nicht lange genug in Gefangenschaft, ansonsten hätte ich eine Chance gehabt. […] Es gibt hier jetzt nur etwa 50 Engländer. Den anderen geht es jetzt besser und man hat sie an einen Ort 90 Kilometer weg namens Nürnberg gebracht. […]
Ich bekomme jetzt viele Briefe und habe auch vier schöne Päckchen von zuhause erhalten. Im ersten waren Unterwäsche, Socken, ein Röhrenschal, Tabak und eine große Flasche mit Fleischextrakt. Die anderen drei enthielten Essbares, Kuchen, Kekse, Tee, Kakao, Milch, Zucker, Gelee, Marmelade, Fischpaste usw. […] Vom Australischen Roten Kreuz erhielt ich Unterwäsche, Schuhe, Stiefel usw. Jetzt bin ich an Kleidung gut ausgerüstet. Sie haben mir auch drei Päckchen mit Esswaren geschickt. Aber es ist nicht viel, sie scheinen keine Vorstellung zu haben, was sie senden müssen. Das Beste was sie schicken kommt aus der Schweiz, zwei kleine Laib Brot und ein halbes Pfund Käse jede Woche, solange der Postverkehr fristgerecht läuft.
[…] Ich bin jetzt in einem Zimmer in dem 6 von uns Engländer sind und die übrigen 5 Franzosen. Sie sind ein lebhafter Haufen und die Zeit wird einem nicht lang, weil sie den ganzen Tag Späße machen. Am Abend fangen die Franzosen zu singen an und unsere Leute haben ihren Anteil daran. Wir kommen alle richtig gut miteinander aus. Seit ich hier bin, war ich in einem Zimmer in einem Gebäude in dem Engländer, Australier, Russen, Franzosen und sogar Marokkaner lebten. […]
23. Dezember
[…] Heute ist Samstag und ich ging in die Kirche in einem kleinen Raum des Hauses. Die Messe wird von einem französischen Soldatenpriester gehalten. […] Am Sonntag bin ich ausgerutscht und hatte das Pech, dass meine Wunde aufbrach. […] Man ist aufgeschmissen hier, wenn man nicht versteht was der Doktor sagt.
25. Dezember, Weihnachten
Um 11 Uhr morgens ging ich in die Messe. […] Am Abend hielten wir eine Art kleines Konzert in unserem Zimmer ab, die Franzosen und Engländer sangen ein paar Stunden lang.
Montag, 22. Januar 1917
Es gab Schnee bis zum Boden seit Weihnachten und die letzten Tage war das Wetter sehr kalt. […] Ich treibe mich viel im Gebäude rum (nicht draußen, da ist es zu kalt) und ich bin aufgelegt zu allerlei Späßen. Wir spielen uns untereinander Streiche und das hilft mich aufzuheitern und es vertreibt uns die Zeit. Im letzten Monat haben wir auch viele Bücher und alte Zeitschriften bekommen und so zieht sich die Zeit nicht so lang hin wie am Anfang. Jetzt sind nur noch 17 von uns Engländern und Australiern hier […] Doch um eine Sache sind wir sehr besorgt, wie es mit dem Krieg weiter geht. Wir erhalten hier nur wenige Neuigkeiten, da uns keine Zeitungen erlaubt sind. Aber hin und wieder hören wir Gerüchte. […]
28. Februar
Möchte wissen, wann wir wieder mal ein paar Päckchen bekommen werden. Ich selbst habe kein Päckchen erhalten, außer dem Brot in der ersten Woche nach Neujahr. Das liegt an den neuen Regelungen die in Kraft sind (es dürfen keine zivilen Päckchen mehr geschickt werden). […] Erhielt Päckchen Nr. 30 vom Australischen Roten Kreuz. […] All das Dosenzeug behalten sie drüben im Büro. Und wir müssen mit einer Schüssel rüber gehen, wenn wir was von dem Dosenzeug haben wollen und sie machen es auf und gießen es in die Schüssel. Es ist eine Vorsichtsmaßnahme damit keine verbotenen Sachen zu den Gefangenen gelangen.
Am 9. April 1917 verließ ich Grafenwöhr in Richtung des Lagers in Nürnberg. […] Ich musste zum Bahnhof [3,2 km] laufen und es brachte mich fast um. Im Zug saßen wir unter den Zivilisten. Sie starrten uns „Engländer“ alle an, wie waren ein Objekt von großem Interesse. Sie scheinen von den Franzosen und Russen keine Notiz zu nehmen, davon gibt es so viele. Aber die Engländer sind was Besonderes. […]