Rund um das Osterfest gibt es viele Bräuche, die eine lange Tradition besitzen. Einige davon sind mit dem christlichen Glauben eng verbunden, manche stammen aus dem Heidentum. In der Schenkl-Richter Chronik von 1961 sind Grafenwöhrer Bräuche rund um die Osterwoche zu finden, viele davon werden noch heute in den Familien gelebt.
Palmsonntag
Am Anfang der heiligen Woche steht der Palmsonntag. Als Erinnerung an den Einzug Jesu in die Stadt Jerusalem findet in Grafenwöhr jährlich eine Palmprozession statt. Gemeinsam ziehen die Gläubigen von der Alten Pfarrkirche zur Friedenskirche, mit dabei die Kommunionkinder und ihre selbstgefertigten Palmbuschen. An diesem Tag nehmen Christen gesegnete Palmzweige mit nach Hause und stecken diese hinter die Kruzifixe oder legen sie auf die Gräber verstorbener Angehöriger.
Gründonnerstag
Weiter geht es mit dem Gründonnerstag und einem Brauch, der heutzutage weniger bekannt ist, weil die meisten Familien keine Hühner mehr haben. Die an diesem besonderen Donnerstag gelegten Eier wurden „Anleseier“ oder „Anlaßeier“ genannt. Die Mutter malte ein Zeichen darauf, damit sie mit den anderen Eiern nicht verwechselt werden konnten und bewahrte sie für die Weihe der Ostergaben am Ostersonntag auf. War nur ein einziges Anlaßei vorhanden, bekam dies der Vater. Bei beschränkter Anzahl hatten die männlichen Familienangehörigen den Vorrang. Zudem gab es am Gründonnerstag immer etwas „Grünes“ zu essen, meist war das ein Feldsalat mit Eiern.
Karfreitag
Am Karfreitag sollten sich die Gläubigen vor Sonnenaufgang im Freien kniend, mit Blick gegen Osten, an Gott wenden und um Schutz vor Zahnschmerzen beten. Der Karfreitag ist ein strenger Fasttag im christlichen Glauben, deshalb wird an diesem Tag seit jeher kein Fleisch und keine Wurst gegessen.
Osterwochenende
Höhepunkt dieser besonderen Woche ist das eigentliche Osterwochenende. Am geweihten Osterfeuer entzündeten in früher Zeit die Gottesdienstbesucher mitgebrachte Federn (Schleißen). Diese wurden in angebranntem Zustand an Walpurgi (1. Mai) in Kreuzform auf die Getreidefelder gesteckt und dabei flehte man um Gottes Schutz für die Feldfrüchte. Aus diesen verkohlten Hölzchen wurden auch kleine Kreuze gefertigt und bei herannahendem Gewitter an drei Ecken eines Tisches gelegt, dazu wurde die Wetterkerze entzündet.
Wenn am Karsamstag zur Auferstehungsfeier die Kirchenglocken wieder läuten durften, liefen die Daheimgebliebenen schnell in den Obstgarten und schüttelten die Bäume während des Läutens, somit war eine reiche Obsternte gesichert. An diesem Samstag wurden die Ostereier gefärbt, allen voran die Anleseier. Früher verwendeten die Hausfrauen dazu Zwiebelschalen, Erlenrinde und Kaffeesatz. Das Ergebnis waren Eier in verschiedenen Abstufungen von gelb bis braun.
Damals wie heute werden am Ostersonntag die geweihten Speisen, wie Brot, Eier, Salz und Geräuchertes in der Regel nach dem Gottesdienst am Vormittag genossen. Ein uralter Brauch ist das Waschen in einem Bach mit dem sogenannten Osterwasser vor Sonnenaufgang. Dem Volksglauben nach soll das Wasser an diesem Tag lange haltbar sein und nicht verfaulen. Es verleiht besonders feine Haut und soll bei Augenkrankheiten helfen. Sogar Vieh wurde an diesem Morgen an eine Wasserstelle getrieben. Alternativ besprengte man Mensch und Tier mit dem Osterwasser. Ein noch bekannter Brauch ist das „Emausgehen“ am Ostermontag. Nach dem Wandern in die nächstgelegenen Dörfer kehrt man in eine Gastwirtschaft ein.
Gelebtes Brauchtum
Einen neuen Brauch aus dem Fränkischem hat der Heimatverein Grafenwöhr gemäß seinem Motto „Liebe und pflege die Heimat“ übernommen, der während der Osterzeit für einen tollen Hingucker in Grafenwöhr sorgt. Der Sudhausbrunnen am Fuße des Annabergs wird jedes Jahr mit unzähligen bunten Ostereiern geschmückt. Die kräftigen Farben leuchten schon von Weitem und erfreuen die Vorbeifahrenden.
Bräuche geben uns zu jeder Zeit Sicherheit, Beständigkeit und Stabilität und nicht nur Kinder profitieren von diesen Traditionen. Auch Erwachsene halten daran fest oder erinnern sich gerne an die Bräuche, die in den Ursprungsfamilien gelebt wurden. Kindheitserinnerungen, die für immer bleiben.