Die Eisheiligen machen ihrem Namen in diesem Jahr wieder alle Ehre. Statt Freibad wünscht man sich eher eine heiße Badewanne bei diesen Temperaturen. Heutzutage ja für alle kein Problem, einfach Wasserhahn auf und im angenehm warmen Badewasser entspannen. Diesen Wohlfühleffekt kann die gesamte Grafenwöhrer Bevölkerung noch nicht sehr lange genießen, ein heißes Bad war früher Luxus pur.
Im Truppenübungsplatz gab es dank des Wasserturms ein Jahr nach der Eröffnung bereits fließend Wasser, 1913 wurde eine Warmbadeanstalt fertiggestellt (heute Military Clothing beim Kreisverkehr), die Soldaten zur Körperreinigung nutzen konnten. Allerdings wurde hier ein großer Unterschied bei den Dienstgraden gemacht. Es gab Offiziersanlagen mit Badewannen und Duschen. Ein Offizier durfte rund 40 Minuten baden, während bei den Mannschaften innerhalb 4 Stunden tausend Mann durch die Duschen geschleust wurden. Kein Wunder, dass Soldaten 1934 von der „Wasserbestrahlungsanstalt“ sprachen.
In den Mannschaftsbaracken gab es als Waschgelegenheit nur einfache Waschbecken. Für draußen auf den Schießbahnen wurden Duschen aus Holz und einfachen Brausen improvisiert. Da mobile Toiletten noch nicht erfunden waren, musste für die Notdurft der gute alte „Donnerbalken“ genügen.
In der Stadt Grafenwöhr war die Infrastruktur Anfang des 20. Jahrhunderts nicht viel besser. Man hatte das „Haisl“ hinter dem Haus und die Zeitung hatte damals noch Mehrwegfunktion 😉 Zum Waschen musste eine Waschschüssel reichen, alle heilige Zeit wurde ein Zuber mit heißem Wasser gefüllt, in dem die komplette Familie gebadet wurde. Schließlich war fließend Wasser oder Warmwasser noch weit entfernt und das kostbare Nass musste bis 1934 ! von den städtischen oder den eigenen Brunnen geholt werden. Hinzu kam die schlechte Qualität des Brunnenwassers, doch das ist eine andere Geschichte. Eine weitere Möglichkeit war der Besuch eines Badehauses. Seit dem Mittelalter gab es in der Wolf-Dietrich-Mayr-Straße ein Badehaus. Der Name Badgasse weist noch darauf hin. Dort hantierte der Bader, der nicht nur als „Bademeister“ fungierte, sondern sich um alle möglichen körperlichen Zipperlein, Zahnschmerzen und nicht zuletzt um das Haareschneiden und Bartstutzen kümmerte.
Das Prinzip eines öffentlichen Badehauses wurde im 1936 neu gebauten Schulhaus fortgeführt und es wurden im Keller Wannenbäder für die Bevölkerung eingerichtet. Man konnte sich hier beim Hausmeister anmelden und für ein paar Pfennige ein heißes Bad nehmen. Welch Luxus, ein Heizkessel doch war. Auch nach dem Krieg wurde das „Städtische Bad“ wieder in Betrieb genommen und 1949 eine Badefrau angestellt. Ausgedehnte Verwöhnbäder waren nicht möglich, die Badezeiten waren nur am Freitag und Samstag nachmittags und mussten strikt eingehalten werden, auch an Weihnachten. Ein Wannenbad kostete 80 Pfennige ein Brausebad 40 Pfennige. (Für Schlaumeier: Der Vorläufer des Trinkgelds war übrigens das „Badegeld“. Man schenkte für eine erwiesene Gefälligkeit kein Geld zum Vertrinken, sondern “umb Bezallung des Bades”.) Noch bis 1960 wurden die Badezeiten in der Zeitung angekündigt, dann hatte sich das Modell „öffentliche Badeanstalt“ überholt.
Seitdem gehört eine Badewanne zur Standardeinrichtung und man denkt gar nicht mehr darüber nach, ob man ein Bad nehmen will oder nicht. Aktuell in Corona-Zeiten und dank der Eisheiligen wäre ein entspanntes Schaumbad aber eine Überlegung wert. Und das ohne jeden Aufwand. So schlecht sind sie doch nicht immer, die heutigen Zeiten.
Schmökertipp! Viele Anekdoten und Geschichten gibt es zum Nachlesen in der Stadtchronik, die in Buchform oder als DVD im Kultur- und Militärmuseum erhältlich ist.