Das einstige Dorf Haag oder „Hoch“ wie es im Volksmund hieß, wurde 1938 aufgelöst, weil es sich innerhalb der Erweiterungsflächen des Truppenübungsplatzes Grafenwöhr befand. Haag kann eine lange Geschichte vorweisen, es entstand als fränkische Gründung und wurde 1123 erstmals als „Mühle Haag“ erwähnt.
Die alte Reichsstraße 85 führte von Regensburg über Amberg nach Bayreuth mitten durch den Ort und war dessen Lebensader. Die eigene Poststation, mehrere Wirtshäuser, Lebensmittelgeschäfte, Kirche, Theater, Schule und die nahegelegene Eisenbahnstation Langenbruck machten Haag zu einem der zentralen Ortschaften im Gebiet des heutigen Truppenübungsplatzes. Haag war mit 500 Einwohnern und 75 Anwesen der größte und belebteste Ort, der von der Reichsumsiedlungsgesellschaft aufgelöst wurde. Die Bewohner verdienten ihren Lebensunterhalt zwar in der Landwirtschaft, waren aber ebenso mit ihren insgesamt 30 Handwerks- und Geschäftsbetrieben, die es im Ort gab, sehr erfolgreich. Neben nahezu allen einschlägigen Handwerksbetrieben sind zur Zeit der Umsiedlung drei Wirtshäuser und mehrere Lebensmittelgeschäfte überliefert. Das Schulhaus stand in der Mitte des Dorfes und auf einer kleinen Anhöhe im Westen befand sich die Kirche St. Veit.
Kirche und Friedhof
Die Kirche zum Hl. Veit weihten die Haager 1868 ein. Der Vorgängerbau war nach einem Brand 1848 fast vollständig zerstört worden. Ab 1876 erhob man Haag zur eigenen Pfarrei, vorher war sie eine Filialkirche der Gemeinde Hopfenohe. Die Kircheneinrichtung wurde nach der Auflösung des Ortes auf verschiedene Pfarreien aufgeteilt.
Das dortige Kriegerdenkmal fand in Sorghof einen neuen Standort und ist heute gemeinsames Denkmal für die abgelösten Gemeinden Haag und Langenbruck. So wie die blühende Ortschaft, verfiel nach der Umsiedlung auch der Friedhof.
Eine Initiative von ehemaligen Bewohnern Haags und des Heimatvereins Grafenwöhr ermöglichte 1992 die Sanierung des Friedhofs. Unterstützung bekamen sie von der US-Armee, dem Bundesforst und dem Straßenbautrupp des damaligen Bundeswehrverbindungskommandos, des heutigen DMV, so berichtet es Gerald Morgenstern in seinem Buch „Truppenübungsplatz Grafenwöhr“. Mühevoll wurden die kunstvollen Grabsteine aufgerichtet, die zum größten Teil aus der Zeit vor 1900 stammen und überwiegend aus Sandstein gefertigt wurden. Jedes Jahr um Allerseelen besuchen die ehemaligen „Hocha“ und deren Nachkommen die Gräber ihrer Vorfahren in Haag und Langenbruck.
Haag lag 7,5 km nördlich von Vilseck entfernt in einem Tal. Die Häuser des Dorfes waren massiv gebaut, alle mit Ziegeln gedeckt und viele davon waren zweigeschossig. Alte Gedichte der „Hocher“ lassen vermuten, wie stolz sie auf ihr Dorf und ihr friedliches Zusammenleben waren. Um wie viel schlimmer muss für sie die Nachricht der Umsiedlung gewesen sein.
Tipp: Ein Dokumentarfilm von 1938 in der Militärabteilung des Kultur- und Militärmuseums zeigt, wie die „Hocher“ mit ihrem Hab und Gut auf Lastwägen verpackt die Heimat verlassen mussten.