Endlich starten die Kinos in Bayern wieder durch. ? Auf manch seit Corona heiß ersehnten Filmstart muss man allerdings noch warten. Schon vor fast 120 Jahren gingen die Grafenwöhrer ins Kino und konnten bereits zahlreiche Filmabenteuer erleben. Also keine Langeweile trotz ländlicher Idylle in der Provinz. Nichts los in Grafenwöhr? Das galt vielleicht bis 1908, bevor es den Truppenübungsplatz gab. Die Aussicht auf zahlreiche Soldaten bescherte Grafenwöhr schon Anfang des 20. Jahrhunderts ein Freizeit- und Kulturleben, von dem manche Oberpfälzer Städte heute noch träumen können.Gasthäuser siedelten sich entlang der Alten Amberger Straße an, die Vereine boten Konzerte und Theateraufführungen, da wundert es nicht, dass ein Schausteller aus Nürnberg sein Programm in die Soldatenstadt ausweitete. Jean Lindner, seines Zeichens Kinematograph und Pionier der neu erfundenen Lichtspiele gründete bereits 1897 zwei Jahre nach Erfindung des neuen Mediums „Film“ seinen Schaustellerbetrieb. Damals gab es noch keine festen Lichtspielhäuser und so zogen die Kinematographen von Jahrmärkten und Marktplätzen durch das Land. Schon 1904 bescherte Lindner den Grafenwöhrern vereinzelt Aufführungen des „neumodischen“ Unterhaltungsmediums Film mit bewegten Bildern am Marktplatz. Die Eröffnung der Eisenbahnstrecke in diesem Jahr hat es wahrscheinlich möglich gemacht. Zu besonderen Anlässen wie z.B. zum Annafest (1913) durfte natürlich auch das Lichtspielkino nicht fehlen.
Auch andere mobile Filmtheater kamen zu Gastspielen nach Grafenwöhr und nutzten Räumlichkeiten in den Wirtshäusern. 1920-1924 unterhielt der Grafenwöhrer Fotograph Ernst Greiner die Soldaten im Lager im Casino und die Bevölkerung im Spechtsaal (heute Irish Pub)mit seinen Kinovorführungen. Zur Eröffnung wurde, passend für die fremden Soldaten, „Wenn`s Landlüfterl weht“ gezeigt. Auch umstrittene Werke führte man vor: „Tötet nicht mehr!“, war zweimal verboten und behandelte das Thema Todesstrafe. Anfang der 30er Jahre war die Bayerische Landesbühne regelmäßig mit Theaterstücken am Schönberg und mit Kinofilmen im Spechtsaal zu Gast. 1932 geriet bei der Vorführung ein Film in Brand, 1934 fällt die Kinokritik in der Zeitung sehr negativ aus: So einen Kitsch wollen wir nicht mehr sehen.