In früher Zeit war es vor der Elektrifizierung in den Straßen und Gassen der Städte und Dörfer stockdunkel. Die einzige Lichtquelle war ein transportables Kerzenlicht. Die abendlichen Zecher nahmen vorsorglich diese tragbaren Lampen sogar mit ins Wirtshaus, damit sie wieder nach Hause fanden. Oftmals musste ein Wirtshausbediensteter “heimleuchten“. Heute nicht mehr vorstellbar, in absoluter Dunkelheit und ohne Straßenbeleuchtung durch die Stadt zu laufen. Im Winterhalbjahr waren die Arbeitszeiten damals den kurzen Tagen angepasst, im Sommer wurde dafür länger gearbeitet. Leben im Einklang mit der Natur sozusagen. Eine künstlich herbeigeführte Zeitumstellung war früher noch nicht nötig.
Die dunklen Zeiten nahmen für Grafenwöhr im Winter 1861 ein Ende. Das Landgericht Eschenbach verlangte in einem Rundschreiben von den Kreisgemeinden die Einführung einer Straßenbeleuchtung. Nach dem Stand der Technik dürften es Öllampen mit verstellbarem Docht gewesen sein. Der Stadtdiener hatte diese zu beaufsichtigen. Die Grafenwöhrer waren mit den ungefähr 10 Lampen erst einmal zufrieden. Sie kannten ihre Gefahrenpunkte bei Dunkelheit genau und wussten sich entsprechend vorsichtig zu verhalten. Das änderte sich mit der Errichtung des Truppenübungsplatzes. Plötzlich bewegten sich auch viele Ortsunkundige durch die Stadt, was 1909 zu den ersten Klagen führte. 1911 lag dem Bezirksamt Eschenbach von den neu ansässigen Firmen in Grafenwöhr eine Beschwerde über die mangelnde Beleuchtung vor.
Den Verantwortlichen der Stadt war klar, dass etwas geschehen musste. Das Truppenlager war bereits mit einer modernen elektrischen Kraftstation ausgerüstet, deren Kapazität die Ausleuchtung aller Lagerstraßen möglich machte. Auf Anfrage, ob auch Grafenwöhr an dieses Kraftwerk mit angeschlossen werden könnte, erhielt die Stadt von der Garnison eine Absage, da die Kapazitäten nicht reichen würden. Im Juli 1911 schlossen die Stadtväter mit dem Brauereibesitzer Florian Göppl einen Vorvertrag, denn Göppl wollte im Auftrag der Stadt ein Elektrizitätswerk aufstellen. Dieser Vertrag wurde nicht umgesetzt, denn bereits im Herbst traten als Anbieter die Weidener Naabwerke auf den Plan. Die Naabwerke sicherten für Hütten, Grafenwöhr und Eschenbach eine Versorgungsleitung mit einer 20.000 Volt Leistung zu, aber nur unter der Voraussetzung, dass niemand seine eigenen Interessen verfolge. Somit zog sich Grafenwöhr von dem Projekt mit Göppl zurück und entschied sich für den Anbieter aus Weiden.
Es werde Licht
Die Naabwerke wollten die Ortsnetzausstattung mit Transformatoren, Hausanschlüssen, Zählern und Straßenbeleuchtung übernehmen. Im Juni 1912 gab es für alle „Strominteressierten“ im Gasthof zum Adler einen Informationsabend. Bei der Veranstaltung wurde die Maschinenfabrik Esslingen vorgestellt, die für die Installationsarbeiten in den Häusern und Betrieben beauftragt werden sollte. Das längst ersehnte Licht sollte noch im selben Jahr im Herbst brennen. Die Erleuchtung war greifbar nahe, bis plötzlich die Regierung der Oberpfalz das Projekt auf Eis legte. Dieser war zu Ohren gekommen, dass die Naabwerke versuchten, den freien Wettbewerb zu umgehen. Einige Geschäftsleute hatten bereits moderne elektrische Motoren für ihre Betriebe bestellt und die Installationen von der Maschinenfabrik Esslingen durchführen lassen. Da diese ihre Verträge mit den Betrieben einhalten musste, verlangte man eine provisorische Stromversorgung von den Naabwerken. Diese wiederum pochten auf eine finanzielle Unterstützung der Stadt Grafenwöhr. Da die gewünschte Summe auch nach einer Sammlung unter den Geschäftsleuten nicht zusammenkam, machten die Naabwerke keine weiteren Anstrengungen für ein Provisorium. Schließlich geriet die Angelegenheit in den Anfangswirren des Ersten Weltkrieges ins Hintertreffen. Die verantwortlichen Behörden bemühten sich schließlich mit den Naabwerken (später: Oberpfalzwerke) um ein einheitliches Stromnetz für die Oberpfalz und so gingen in Grafenwöhr noch während des Krieges im Jahr 1916 endlich die Lichter an. Die Leitung dazu kam von Norden und verlief von Pressath nach Bärnwinkel über die Kollermühle bis nach Grafenwöhr hinein.
Im „Bunten Kaleidoskop des Jahres 1964“ berichtet der Stadtanzeiger, dass Mitte September in das letzte Wohnhaus der Stadt eine elektrische Lichtleitung gelegt wurde und die Stromversorgung in der Stadt schließlich einen Abschluss fand.