Soldaten gibt es im Grafenwöhrer Stadtbild nicht erst seit dem Truppenübungsplatz. Vor vielen Jahrhunderten gab es in Europa immer wieder größere und kleinere Kriege und feindliche Truppen zogen durch das Land. Mal waren es Dänen, mal Schweden, mal Brandenburger, mal Österreicher Soldaten. Auch die Grafenwöhrer Bevölkerung wurde öfter von Truppen heimgesucht, im besten Fall wurden nur Soldaten in ihren Häusern einquartiert, manchmal plünderten und zerstörten die Truppen aber die ganze Stadt.
Die ersten „sesshaften“ Soldaten in Grafenwöhr waren bayerische und sollten dem Schutz vor feindlichen Belagerern dienen. Grund war der Spanische Erbfolgekrieg zwischen den Habsburgern, beim dem Bayern bis 1715 von den Österreichern besetzt war. Damit so etwas nicht wieder geschah, errichtete der bayerische Kurfürst Max Emanuel 1716 zahlreiche Kasernen in Bayern, so auch in Grafenwöhr. In diesem Jahr wurde das größte zusammenhängende Wohnhaus angekauft und für eine kleine Abordnung der Infanterie als Kaserne eingerichtet. Es lag in Nähe des Oberen Tors, ungefähr mittig der heutigen Martin-Posser-Straße. Eine Besonderheit war, dass diese Straße früher überbaut war, das große Haus wird beschrieben mit einem Schwingbogen und einer Durchfahrt.
Allerdings führten Finanzprobleme dazu, dass die Kaserne schon nach zwei Jahren nicht mehr besetzt war und acht Jahre lang verwaiste und verfiel. Endlich Käufer gefunden, konnten diese das große Gebäude fünf Jahre lang wiederum nicht an den Mann bringen und so wurde die „Casern“ wie sie lange noch im Sprachgebrauch und in Dokumenten üblich war in mehrere Häuser aufgeteilt. Es erstreckte sich über vier Hausnummern. Die „Durchfahrt“, also der Überbau über die Martin-Posser-Straße war 1839 noch im Urkataster verzeichnet. Beim großen Stadtbrand 1880 jedoch, bei dem auch das Obere Tor abbrannte, ging der Überbau und somit die letzten Reste der ersten Kaserne in Grafenwöhr verloren. Mit dem Wiederaufbau wurde der Straßenzug angepasst und die Martin-Posser-Straße (früher Schlossstraße ) entstand in ihrer heutigen Form. Zwei der vier Häuser der „Cassern“ baute man an ihrem ursprünglichen Standort wieder auf, die anderen beiden wurden verlegt. Eines in die Kurve vor dem damaligen Forsthaus (heute Militärabteilung Museum), das andere zwischen die beiden Mauerstücke des Stadtzwingers. Stadtbrände waren immer auch ein Anlass, die beengten Wohnverhältnisse zu entzerren und Brandschutzmaßnahmen zu ergreifen.
Insgesamt währte die erste Kaserne nur zwei Jahre in Grafenwöhr, sie war keine Erfolgsgeschichte. Diese sollte erst mit dem Bau des Truppenübungsplatzes beginnen und aus Grafenwöhr eine weltweit bekannte Soldatenstadt machen.