Wochenlang durften unsere Kleinsten wegen der Corona-Krise nicht in den Kindergarten.
Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist in Grafenwöhr schon über hundert Jahre ein Thema. Damit beide Elternteile im Truppenübungsplatz arbeiten konnten, wurde schon vor dem Ersten Weltkrieg der Ruf nach einer „Kinderbewahranstalt“ in Grafenwöhr laut. Finanzierungsprobleme, Krieg und Inflation ließen das Projekt erst 1929 wahr werden. Dank der Gründung einer Stiftung von einer Witwe aus Budapest mit Grafenwöhrer Wurzeln konnte das katholische Pfarramt das Kaufhaus von Max Weißhaupt in der Alten Amberger Straße erwerben. Das Gebäude sollte nicht nur als Kindergarten, sondern auch als Handarbeitsschule und Kranken-Sozialstation genutzt und von den Niederbronner Schwestern aus Neumarkt betreut werden.
Am 9. September 1929 weihten die Verantwortlichen unter Teilnahme vieler Besucher die nun „Theresienheim“ genannte Institution ein und wenige Tage später nahmen die Schwestern den Kindergartenbetrieb mit 76 Kindern auf.
Schließung während der NS-Zeit
1939 wurde im Kellergeschoss der Schule ein NSV-Kindergarten eröffnet und dem kirchlichen Kindergarten Theresienheim die Betriebserlaubnis entzogen. Die Eltern und Stadtpfarrer Dr. Kattum waren entsetzt und protestierten. Selbst die örtlichen Parteigenossen wollten ihre Kinder nicht in den NSV-Kindergarten bringen. Doch im Dritten Reich lag die Erziehung in den Händen der Partei, die Platznot und Mängel im Schulkeller wurden vertuscht und der Protest der Eltern lief ins Leere.
In den letzten Kriegsjahren nutzte die Wehrmacht das Theresienheim als Lazarett. Nach dem Krieg durften die katholischen Schwestern ihre Arbeit in der Alten Amberger Straße wieder aufnehmen. Die im Obergeschoss untergebrachte Nähschule hielt den Betrieb bis 1952 aufrecht. Der Kindergarten zog 1967 in den Neubau am Alten Weg um. Der neue Kindergarten „St. Theresia“ wurde 1987 erweitert und stand bis 1998 unter der Leitung der Niederbronner Schwestern, die nebenan in einem Schwesternheim wohnten. Die alte „Kinderbewahranstalt“ wurde im Herbst 1976 abgebrochen und lebt in den Erinnerungen der Grafenwöhrer an ihre Kindergartenzeit und die Schwestern weiter.
Heute helfen die Kindergärten nicht nur bei der Familienbetreuung, auch die amerikanischen Soldatenfamilien nutzen die regionalen Kindergärten. Und so erlernen in der Nördlichen Oberpfalz deutsche und amerikanische Kleinkinder von Kindesbeinen an tägliche Völkerverständigung. Der Truppenübungsplatz macht`s möglich.
Schmökertipp! Viele Anekdoten und Geschichten gibt es zum Nachlesen in der Stadtchronik, die in Buchform oder als DVD im Kultur- und Militärmuseum erhältlich sind.