Der Charakter von Städten, Dörfern und Gegenden wurde unter anderem durch Erzählungen, die sich einst zugetragen haben, geprägt. Sagen und Legenden sind von einer Generation zur anderen weitergegeben worden. In früher Zeit sollten die oft gruseligen Geschichten für die Menschen eine Warnung sein, damit sie nicht vom rechten Wege abkamen. Viele solcher Sagen kursieren rund um das Gebiet des Röthelweihers, das zwischen Tanzfleck und Grafenwöhr auf dem heutigen Truppenübungsplatzgelände zu finden ist. Der Weiher hat seinen Namen dem rotbraunen Moorwasser zu verdanken.
Wie im Buch „Truppenübungsplatz Grafenwöhr“ von Eckehart Griesbach beschrieben, wurde der Weiher ab 1424 aufgestaut, konnte um die 400 ha aufweisen und war neben dem Pfrentschweiher, der an der böhmischen Grenze lag, der zweitgrößte Weiher der Oberpfalz und für seinen Fischreichtum berühmt. Im Winter 1775/76 kam es zu einer Katastrophe, denn heftige Unwetter mit starkem Tauwetter führten zu Hochwasser. Den rasch ansteigenden Wassermassen konnte der Damm des Röthelweihers nicht standhalten und die naheliegenden Ortschaften wurden überflutet. Nach dem Unglück ließ man den Weiher ab. Heute besteht das Gebiet zum größten Teil aus Moor und Sumpf, geblieben sind zahlreiche Sagen.
Legenden und Sagen
Die Sage um eine versunkene Stadt, deren Standort im Bereich des Röthelweihers vermutet wurde, aber nicht belegt ist, zeugt von einer Geschichte, die den Menschen eine Warnung sein sollte. Wegen des lasterhaften Lebens ihrer Bewohner soll die Stadt in den Fluten des Weihers versunken sein. Einmal ruhte sich ein Fuhrmann in der Nähe des Röthelweihers aus, der Vollmond stand am Himmel und plötzlich tauchten aus der Oberfläche des Wassers Türme und Spitzen einer Stadt auf. Der Mann hörte deutlich die Töne einer Orgel und die Melodien heiliger Lieder, so wie sie in den Kirchen der Umgebung gesungen wurden. Als es zwölf schlug, tauchte die Stadt wieder unter.
Da der Röthelweiher sehr tief war, stand dieser im Volksglauben mutmaßlich in direkter Verbindung mit der Hölle. Um Mitternacht sollen Geister aus dem Dunkel der Nacht im Moor hervorgetreten sein und rund um den Weiher ihr Unwesen getrieben haben. Ein Langenbrucker, der nicht an Geister glauben wollte, wanderte in dunkler Nacht zum Röthelweiher. Man erzählt sich noch heute, dass um Mitternacht Geister aus der Wasseroberfläche stiegen, diese fortwährend um ihn herumtanzten und auf seine Schulter klopften. Der Mann war wie gelähmt und konnte sich erst gegen Morgen nach Hause schleppen. Er ging nie mehr dorthin. Mit diesen und ähnlichen Geschichten schreckte man lange Zeit unfolgsame Kinder.
Ein weiteres Erlebnis ist von einem jungen Geistlichen überliefert. Er hatte den Teufel in einer Flasche gefangen und dachte, er müsste den Feind in einem tiefen Wasser versenken, damit dieser der Welt nicht mehr schaden könne. Er fuhr zum Röthelweiher und warf die Flasche in hohem Bogen in das Wasser. Plötzlich schoss eine turmhohe Wassersäule zum Himmel und es erhob sich ein gewaltiges Brüllen und Heulen. Der Geistliche fuhr rasch davon und war froh, dass ihm nichts geschehen war.
Auf einer Karte von 1597 ist neben dem „Rotenweier“ auch „daß fischhäuß“ eingezeichnet und auch um dieses Fischerhäuschen rankt sich eine Geschichte. In dieser Hütte wohnten die Fischer tagelang, wenn sie den Weiher abfischten. Weil sie oft ein liederliches Leben führten, sagte man ihnen nach, sie hätten um Mitternacht mit dem Teufel Karten gespielt. Einer der Stühle war auf der Sitzfläche schwarz und das sollte der Beweis dafür sein, dass auf diesem Stuhl der Teufel saß.
Schutz vor Feinden
So unheimlich es rund um den Röthelweiher auch war, bot er den Menschen dennoch Schutz. Das unwegsame Dickicht und die ausgedehnten Wälder rund um den Weiher bewahrten im Jahr 1630 das Leben der Bewohner von Langenbruck bei einem Überfall der Schweden. Da sich dort nur die heimischen Jäger und Hirten auskannten, versteckten sich die Schutzsuchenden rund um den Weiher und hausten dort viele Wochen, bis ihnen Kundschafter den endgültigen Abzug der Schweden meldeten.
So liegen wie immer Wohl und Übel eng beieinander und jede Generation kann Geschichten erzählen, gestern wie heute. Längst gehört der Röthelweiher in einstiger Größe der Vergangenheit an, doch in den vielen Sagen und Legenden bleibt die Erinnerung erhalten.