Kleine regionale Ausflüge haben seit 2020 an Bedeutung gewonnen. Wochenendausflüge sind keine Erfindung unserer Zeit. Bereits im 19. Jahrhundert nahmen sich die Menschen kleine Auszeiten, um diese mit der Familie, Freunden oder Vereinskameraden gemeinsam an idyllischen Orten zu verbringen.
Ein beliebtes Ausflugsziel war Anfang des 20. Jahrhunderts das Erzhäusl zwischen Vilseck und Grafenwöhr auf dem heutigen Truppenübungsplatz. An manchen Wochenenden kamen die Grafenwöhrer mit Blasmusik auf einer kleinen Eisenbahn daher gefahren, denn auch Zivilisten durften die 60-cm-Schmalspurbahn nutzen, die seit 1908 als Material- und Personenbahn zwischen Grafenwöhr und Langenbruck verkehrte. Nach der Fertigstellung umfasste die Ringbahn ungefähr 40 Kilometer rund um den alten Übungsplatz.
Geschichte des Erzhäusls
Im Buch „Truppenübungsplatz Grafenwöhr“ von Eckehart Griesbach wird der Standort des Erzhäusl`s am Fuß des Schwarzen Berges beschrieben. Man erreichte es vom Bahnhof Langenbruck (Nähe Vilseck) kommend nach etwa zwei Kilometern. Das Erzhäusl, von dem heute nichts mehr übrig ist, wurde 1811 erstmals urkundlich als „Arzthäusl“ erwähnt. Ein Jahr danach hieß es Erzt-Häuschen und der spätere Name Erzhäusl oder Erz(berg)häusl geht zurück auf den Erzbergbau in der unmittelbaren Nähe am Südhang des Schwarzen Berges, mit den alten Stollen Peters-Zech, Dreifaltigkeits-Zech und Gottesgab-Zech. Das Erzhäusl war eine Einöde bestehend aus zwei Wohnhäusern, einigen Nebengebäuden, einer Gastwirtschaft und gehörte zur Gemeinde Langenbruck und zur Pfarrei Vilseck. Bei der Volkszählung im Dezember 1900 wohnten dort acht Personen. Das kleine Wirtshaus wurde viele Jahre als Ausflugsort genutzt, denn von hier aus konnte man auf den Schwarzen Berg oder zur Wolfschützenkapelle wandern. Diese historische Kapelle ist noch erhalten und liegt etwa 500 Meter östlich vom ehemaligen Erzhäusl entfernt.
Wegen der Ansiedlung des Truppenübungsplatzes 1904 war der damalige Besitzer Christian Feustl gezwungen das Erzhäusl an die Königliche Bayerische Armee abzutreten. Von da an verpachtete die Armee die Einöde mit Gastwirtschaft an die Familie Gebhard. Josef Gebhard war Waldarbeiter im Revier Schwarzer Berg und seine Frau Margarete betrieb die Wirtschaft, die täglich geöffnet war. Mit Eröffnung des Übungsplatzes wurde der Aussichtspunkt am Schwarzen Berg um einiges interessanter, denn von dort konnten die Ausflügler die Artillerie beim Scharfschießen beobachten.
In den 20er und 30er Jahren musste die Familie Gebhard wegen der Schießübungen ihr zu Hause stundenweise verlassen.1938 wurde der Ort wegen der Erweiterung des Übungsplatzes durch die Wehrmacht endgültig geräumt. Das Erzhäusl gehört wie insgesamt 58 Dörfer und Weiler zu den „Verlassenen Orten“, etwa 3.500 Menschen verloren damals ihre Heimat. Die Familie Gebhard siedelte nach Grünwald um und betrieb dort wieder eine Gastwirtschaft. Das Erzhäusl stand noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg und verfiel dann zusehends.
Die Faszination Truppenübungsplatz Grafenwöhr bestand bei den Bewohnern rund um den Platz von Anfang an und hat an Interesse nicht verloren. Noch heute sind Fahrten ins „Lager“, die vom Kultur- und Militärmuseum und dem Heimatverein Grafenwöhr organisiert werden, sehr beliebt. Bis diese Ausflüge zu den „Verlassenen Dörfern“, Schießbahnen und besonderen Aussichtspunkten wieder möglich sind, bietet der Museumsshop des Kultur- und Militärmuseums Bücher als wissenswerte Alternative an.