Die evangelisch-lutherische Kirchengemeinde gibt es in Grafenwöhr seit über 100 Jahren. Ihre Geschichte ist eng mit der Gründung des Truppenübungsplatzes verbunden.
Nach mehrfachem Wechsel des Bekenntnisses zwischen lutherischem und calvinistischem Glauben während der Reformationszeit war Grafenwöhr ab 1626 katholisch. Im Jahr 1875 hatte Grafenwöhr 925 Einwohner, davon waren nur zwei Bürger evangelisch. Dies änderte sich mit dem Bau des Truppenübungsplatzes, denn ab 1908 kamen viele Fremde nach Grafenwöhr und somit mehr evangelische Christen. Bereits am 17. April 1909 wurde auf dem Truppenübungsplatz in der Munitionsanstalt von Pfarrer Sauer aus Kaltenbrunn der erste evangelische Gottesdienst gefeiert. Es gab hierfür einen transportablen Altar, dazu vier Kerzenständer, ein verziertes Standkreuz, das Abendmahlsgerät, ein Bild der Abendmahlszene und ein Harmonium.
1911 wurde der „Evangelische Verein Grafenwöhr Eschenbach und Umgebung“ gegründet und zwei Jahre später der „Protestantische Kirchenbaufond Grafenwöhr“. Der Staat stellte 1914 für einen Kirchenbau kostenlosen Baugrund zur Verfügung, jedoch verhinderte der Beginn des Ersten Weltkrieges dieses Vorhaben. Es kamen nun vermehrt Soldaten zur Ausbildung nach Grafenwöhr, zudem waren über 23.000 Kriegsgefangene auf dem Truppenübungsplatz untergebracht. Die normalen Räumlichkeiten reichten für einen Gottesdienst nicht mehr aus, deshalb machte das Kriegsministerium 12 – 15 Gottesdienste pro Jahr in verschiedenen „Notkirchen“ im Truppenlager möglich. Ab 1916 wurden katholische sowie evangelische Gottesdienste in einer Reithalle abgehalten, allerdings war es dort im Sommer zu heiß und im Winter zu kalt. Der Kirchenbau sollte noch im gleichen Jahr in die Tat umgesetzt werden, alte Pläne zeigen einen prächtigen Bau, dieser konnte wegen des Krieges wieder nicht verwirklicht werden. Dafür wurde die Gemeinde in Grafenwöhr, die sich sehr positiv entwickelte, zum „Vikariat“ als Tochtergemeinde von Neustadt am Kulm erhoben. Im Truppenübungsplatz wechselte man unterdessen von der Reithalle in die Döckerbaracke und baute dort Bänke der Friedhofskirche Weiden ein.
Im Jahr 1923 fand schließlich die Grundsteinlegung der heutigen Michaelskirche statt. Diese wurde nach nur 16 Wochen Bauzeit am 9. September 1923 eingeweiht. Wegen Geldmangels baute man eine abgespeckte Version der ursprünglichen Pläne. Als Baumaterial verwendete man Holz und gebrauchte Nägel aus dem Truppenübungsplatz. Später in den 30er Jahren wurde der kleine Notaltar gegen einen größeren ausgetauscht und der Altarraum bekam ein großes Kreuz.
Während der Bombardierung 1945 schlug eine Brandmine durch das Kirchendach, Pfarrer Meyer trug die bereits gezündete Mine nach draußen und verhinderte somit die Zerstörung der Michaelskirche. 1957 erhielt sie eine Orgel und 1971 erlebte die Kirche die größte Veränderung. Als Außenanstrich erhielt sie ein Schwedenrot und wurde innen in Türkis gestaltet. Zudem wurden die Glocken ausgetauscht und der Kircheninnenraum durch die Lutherrose des Künstlers Helmut Langhammer bereichert, welche nach dem bekannten Lutherzitat: „Des Christen Herz auf Rosen geht, wenn`s mitten unterm Kreuze steht!“ entstand.
2018 stand eine Generalsanierung an und man rückte nach 95 Jahren den Alterserscheinungen der Kirche auf den Leib, die deshalb mehrere Monate nicht genutzt werden konnte. Die gesamte Statik des Gebäudes wurde verbessert, damit nun beide Glocken wieder läuten dürfen. Das Dach wurde neu eingedeckt, Holzverschalung und Fenster erneuert. Zudem wurde die veraltete Elektrik samt Bankheizung saniert. Am 30. September 2018 konnte die Michaelskirche feierlich wiedereröffnet werden. Der Bezug Grafenwöhrs mit dem Truppenübungsplatz zum Hl. Michael, dem Schutzpatron der Soldaten, ist ebenso wenig zu übersehen, wie das besondere skandinavische Aussehen, welches im oberpfälzischen Grafenwöhr jedem Besucher sofort ins Auge sticht.