Die beiden ehemaligen Stadttore in der Oberen und Unteren Torstraße waren viele Jahrhunderte die einzigen Zugangsmöglichkeiten zur Grafenwöhrer Altstadt. Eine Stadtmauer bot den Einwohnern Schutz vor kriegerischen Truppen und die Tore wurden Tag und Nacht bewacht.
Wie das frühe Grafenwöhr im 14. und 15. Jahrhundert ausgesehen hat, darüber können nur Spekulationen angestellt werden. Das Obere Tor fiel 1880 einem Brand zum Opfer und es ist nur überliefert, dass es dem Unteren Tor ähnlich gesehen hat. Das Untere Tor, welches 1608 erbaut wurde, gehörte noch bis 1945 zum Stadtbild. Vermutlich gab es einen Vorgängerbau, der 1598 abgebrannt ist.
Die heutige Umgehungsstraße vom Sudhaus (ehemalige Löwenbrauerei) kommend über den Thumbach bis zum Kreuzungspunkt von Neuer und Alter Amberger Straße wurde erst 1952/53 gebaut. Vorher führte der gesamte Verkehr durch die Altstadt und somit auch durch das Untere Tor. Als 1910 der Truppenübungsplatz eröffnet wurde, waren unzählige Bau- und Militärfahrzeuge unterwegs und es kam immer wieder zu gefährlichen Situationen zwischen Fahrzeugen und Fußgängern an diesem Nadelöhr. 1927 blieb ein Möbelauto im engen Torbogen stecken, es wurde am Dach beschädigt, musste umkehren und seinen Weg über Kirchenthumbach nach Amberg nehmen. Zwei Jahre später erweiterte eine Baufirma das Stadttor. Die Stadtväter waren damit sehr zufrieden, denn ein großes Verkehrshindernis wurde beseitigt und doch blieb ein Stück aus alter Zeit erhalten. Doch die Sicherheit von Fußgängern war noch immer nicht gegeben, deshalb baute man 1931 einen Fußgängerdurchlass neben dem Tor.
Als 1945 die Amerikaner in Grafenwöhr zur Befreiung einmarschierten und ein übergroßer Panzer vor dem Unteren Tor stand und nicht durchkam, wurde am 21. April der Befehl gegeben, die über 300 Jahre alte Durchfahrt zu sprengen. Zwei Stunden zuvor erschien ein US-Soldat in der Stadtmühle und erklärte den Anwohnern, dass das Tor gegen 18.00 Uhr zerstört wird. Die Bewohner wurden angewiesen, sich in die Alte Pfarrkirche zurückzuziehen. Im Obergeschoss des Tores befand sich eine Wohnung. Alle Nachbarn halfen der dort wohnenden Frau und räumten die Zimmer.
Als das Tor gesprengt wurde, erhob es sich und fiel dann in sich zusammen. Die Reste wurden anschließend in den Thumbach geräumt. Heute erinnert eine Erinnerungstafel an der Stadtmühle sowie eine Andeutung im Straßenpflaster an das geschichtsträchtige Tor in der Unteren Torstraße.